Brüssel, den 11.6.2024

COM(2024) 950 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EURPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

EU-Justizbarometer 2024


   1.    Einführung

Für die Anwendung und Durchsetzung des EU-Rechts sowie für die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit und anderer Werte, auf die sich die EU gründet und die allen Mitgliedstaaten gemein sind, sind leistungsfähige Justizsysteme unabdingbar. Bei der Anwendung des EU-Rechts fungieren die nationalen Gerichte als Gerichte der EU. Es sind in erster Linie die nationalen Gerichte, die sicherstellen, dass die Rechte und Pflichten aus dem EU-Recht wirksam durchgesetzt werden (Artikel 19 des Vertrags über die Europäische Union (EUV)).

Darüber hinaus sind leistungsfähige Justizsysteme auch für das gegenseitige Vertrauen, die Verbesserung des Investitionsklimas und ein nachhaltiges langfristiges Wachstum grundlegend. Aus diesem Grund ist die Verbesserung der Effizienz, Qualität und Unabhängigkeit der nationalen Justizsysteme auch eine der Prioritäten des Europäischen Semesters – des jährlichen Zyklus der wirtschaftspolitischen Koordinierung in der EU. Im Jahresbericht zum nachhaltigen Wachstum 2024( 1 ), in dem die wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Prioritäten der EU dargelegt sind, wird die Beziehung zwischen leistungsfähigen Justizsystemen und dem Unternehmensumfeld in den Mitgliedstaaten sowie einer Wirtschaft im Dienste der Menschen bekräftigt.( 2 ) Gut funktionierende und gänzlich unabhängige Justizsysteme können sich positiv auf das Investitionsklima auswirken, sind wesentlich für den Investitionsschutz und tragen somit zu Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit bei. Sie sind auch wichtig, um eine wirksame grenzüberschreitende Durchsetzung von Verträgen und Verwaltungsentscheidungen sowie die Beilegung von Streitigkeiten zu gewährleisten, die für das Funktionieren des Binnenmarkts unerlässlich sind.( 3 )

In diesem Zusammenhang bietet das EU-Justizbarometer einen jährlichen Überblick über die Indikatoren, deren Schwerpunkt auf den wesentlichen Parametern leistungsfähiger Justizsysteme liegt:

-Effizienz,

-Qualität,

-Unabhängigkeit.

Im Justizbarometer 2024 werden die Indikatoren für alle drei Aspekte weiterentwickelt. Dies beinhaltet Regelungen zur Förderung der Beteiligung von Menschen mit Behinderungen als Fachkräfte im Justizsystem und der Digitalisierung der Justiz. Letztere hat dabei eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Gerichte während der COVID-19-Pandemie und bei der Unterstützung der Erholung nach der Pandemie sowie ganz allgemein für die Förderung effizienter und zugänglicher Justizsysteme gespielt.( 4 ) In der vorliegenden Ausgabe des Justizbarometers wird bei allen drei Aspekten verstärkt die Perspektive von Relevanz für Unternehmen berücksichtigt, indem weiterhin Daten zur Effizienz im Bereich der Korruptionsbekämpfung vorgelegt werden. Darüber hinaus werden im Justizbarometer 2024 die nächsten Schritte zur Erholung der Justizsysteme von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Effizienz dieser Systeme dargestellt.

 Der jährliche Zyklus zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit 

Wie in den politischen Leitlinien von Präsidentin von der Leyen angekündigt, hat die Kommission einen umfassenden jährlicher Zyklus zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit eingerichtet, um die Lage in den Mitgliedstaaten besser überwachen zu können. Der Zyklus zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit dient als präventives Instrument, mit dem der Dialog gefördert und ein gemeinsames Bewusstsein für Fragen der Rechtsstaatlichkeit geschaffen wird. Im Mittelpunkt des Zyklus zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit steht der jährliche Bericht über die Rechtsstaatlichkeit, in dem die wesentlichen – positiven und negativen – Entwicklungen in allen Mitgliedstaaten und in der Union insgesamt zusammengefasst werden. Die Berichte, einschließlich der Ausgabe 2023, die am 5. Juli 2023 veröffentlicht wurde, stützten sich auf eine Vielzahl von Quellen, darunter das EU-Justizbarometer.( 5 ) Das EU-Justizbarometer 2024 wurde auch weiterentwickelt, um dem Bedarf an zusätzlichen vergleichenden Informationen Rechnung zu tragen, die bei der Ausarbeitung des Berichts über die Rechtsstaatlichkeit 2023 im Hinblick darauf ermittelt wurden, künftige Berichte über die Rechtsstaatlichkeit, auch im Bereich der Korruptionsbekämpfung, zu unterstützen.

Was ist das EU-Justizbarometer?

Das EU-Justizbarometer ist ein jährliches vergleichendes Informationsinstrument. Zweck des EU-Justizbarometers ist es, die EU und ihre Mitgliedstaaten durch die Bereitstellung objektiver, zuverlässiger und vergleichbarer Daten über verschiedene Indikatoren, die für die Bewertung der i) Effizienz, ii) Qualität und iii) Unabhängigkeit der Justizsysteme in allen Mitgliedstaaten von Belang sind, bei der Verbesserung der Leistungsfähigkeit der nationalen Justizsysteme zu unterstützen. Erstellt wird nicht eine Art Rangliste, sondern – auf der Grundlage von Indikatoren, die für alle Mitgliedstaaten von gemeinsamem Interesse und relevant sind – ein Überblick über alle Justizsysteme der Mitgliedstaaten.

Das Justizbarometer fördert kein bestimmtes Justizsystem. Es behandelt alle Mitgliedstaaten gleichberechtigt und gleichermaßen.

Unabhängig vom Modell des nationalen Justizsystems oder der Rechtstradition, auf der dieses System basiert, gehören Effizienz, Qualität und Unabhängigkeit zu den wesentlichen Parametern einer leistungsfähigen Justiz. Die Zahlen zu diesen drei Parametern sollten zusammen betrachtet werden, da die drei Parameter oft auch miteinander verbunden sind (Initiativen zur Verbesserung des einen können auch Einfluss auf einen anderen haben).

Das Justizbarometer zeigt hauptsächlich Indikatoren für Zivil-, Handels- und Verwaltungssachen sowie – vorbehaltlich der Verfügbarkeit von Daten – für bestimmte Strafsachen auf (d. h. Geldwäschefälle vor erstinstanzlichen Gerichten), um die Mitgliedstaaten in ihren Bemühungen zu unterstützen, ein Umfeld zu schaffen, das effizienter, investitionsfreundlicher sowie unternehmens- und bürgerfreundlicher ist. Das Justizbarometer ist ein vergleichendes Instrument, das im Rahmen eines Dialogs mit den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament weiterentwickelt wird.( 6 ) Ziel ist, die wesentlichen Parameter eines leistungsfähigen Justizsystems zu ermitteln und einschlägige jährliche Daten bereitzustellen.

Auf welcher Methodik beruht das EU-Justizbarometer?

Bei der Erstellung des Justizbarometers wird eine Reihe von Informationsquellen genutzt. Einen Großteil der quantitativen Daten liefert die Europäische Kommission für die Wirksamkeit der Justiz des Europarats (Council of Europe Commission for the Evaluation Efficiency of Justice – CEPEJ), mit der die Europäische Kommission einen Vertrag über die Durchführung einer jährlichen Studie geschlossen hat. Die verwendeten Daten umfassen die Jahre 2012 bis 2022 und wurden von den Mitgliedstaaten im Einklang mit der CEPEJ-Methodik bereitgestellt. Die Studie enthält auch ausführliche Kommentare sowie länderspezifische Informationsblätter mit Hintergrundinformationen. Diese sollten neben den Schaubildern herangezogen werden.( 7 )

Die von der CEPEJ erhobenen Daten zur Verfahrensdauer zeigen die „Dispositionszeit“, eine auf der Grundlage des Verhältnisses zwischen anhängigen und abgeschlossenen Verfahren berechnete Dauer von Gerichtsverfahren. Die Daten zur Effizienz der Gerichte und Verwaltungsbehörden bei der Anwendung von EU-Recht in bestimmten Bereichen zeigen die durchschnittliche Verfahrensdauer, die von der tatsächlichen Länge der Gerichtsverfahren abgeleitet ist. Dabei ist zu beachten, dass die Dauer von Gerichtsverfahren innerhalb eines Mitgliedstaats regional erheblich schwanken kann. Dies gilt insbesondere für städtische Ballungsräume, in denen wirtschaftliche Aktivitäten zu höheren Fallzahlen führen können.

Weitere Datenquellen für den Zeitraum 2012 bis 2023 sind: die Gruppe der Ansprechpartner für die nationalen Justizsysteme( 8 ), das Europäische Netz der Räte für das Justizwesen (ENCJ)( 9 ), das Netz der Präsidenten der obersten Gerichtshöfe der EU (NPSJC)( 10 ), die Vereinigung der Staatsräte und der Obersten Verwaltungsgerichte der EU (ACA-Europe)( 11 ), der Rat der europäischen Anwaltschaften (CCBE)( 12 ), das Europäische Wettbewerbsnetz (ECN)( 13 ), der Kommunikationsausschuss (COCOM)( 14 ), die Europäische Beobachtungsstelle für Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums( 15 ), das Netzwerk für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC)( 16 ), die Expertengruppe für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (EGMLTF)( 17 ), Eurostat( 18 ), das Europäische Netz für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten (EJTN)( 19 ), die nationalen Kontaktstellen für die Korruptionsbekämpfung( 20 ) und das Netzwerk der Generalstaatsanwälte oder vergleichbarer Institutionen der Obersten Gerichtshöfe der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (NADAL-Netzwerk)( 21 ).

Die Methodik des Justizbarometers wurde in enger Zusammenarbeit mit der Gruppe der Ansprechpartner für die nationalen Justizsysteme im Laufe der Jahre weiterentwickelt und weiter verfeinert. Dazu haben insbesondere ein jährlich aktualisierter Fragebogen und die Erhebung von Daten zu bestimmten Aspekten der Funktionsweise von Justizsystemen beigetragen.

Die Verfügbarkeit von Daten, insbesondere für Indikatoren zur Effizienz der Justizsysteme, wird immer besser. Dies liegt daran, dass viele Mitgliedstaaten in ihre Kapazitäten zur Erstellung besserer Rechtsprechungsstatistiken investiert haben. Etwaige andauernde Schwierigkeiten bei der Datenerhebung oder ‑bereitstellung hängen oft mit ungenügenden statistischen Kapazitäten oder damit zusammen, dass die nationalen Kategorien, für die Daten erfasst werden, nicht genau mit den Kategorien des Justizbarometers übereinstimmen. Nur in sehr wenigen Fällen entsteht eine Datenlücke aufgrund fehlender Beiträge der nationalen Behörden. Die Kommission hält die Mitgliedstaaten auch künftig dazu an, diese Datenlücke weiter zu schließen.



In welcher Weise fließt das EU-Justizbarometer in das Europäische Semester ein und welche Verbindung besteht zur Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF)?

Mit dem Justizbarometer werden Elemente zur Bewertung der Effizienz, Qualität und Unabhängigkeit der nationalen Justizsysteme bereitgestellt. Damit sollen die Mitgliedstaaten dabei unterstützt werden, ihre nationalen Justizsysteme effektiver zu gestalten. Durch den Vergleich der Informationen zu Justizsystemen der Mitgliedstaaten im EU-Justizbarometer wird es leichter, bewährte Verfahren und Mängel zu erkennen und den Überblick über Herausforderungen und die erzielten Fortschritte zu behalten. Im Rahmen des Europäischen Semesters werden länderspezifische Bewertungen im Wege eines bilateralen Dialogs mit den betroffenen nationalen Behörden und Interessenträgern vorgenommen. Bei festgestellten Mängeln von makroökonomischer Bedeutung führt die Analyse des Europäischen Semesters unter Umständen dazu, dass die Kommission dem Rat länderspezifische Empfehlungen zur Verbesserung der nationalen Justizsysteme in einzelnen Mitgliedstaaten vorschlägt.( 22 ) Aus der Aufbau- und Resilienzfazilität wurden mehr als 648 Mrd. EUR an Darlehen und nicht rückzahlbaren Finanzhilfen bereitgestellt, von denen jeder Mitgliedstaat mindestens 20 % dem digitalen Wandel und mindestens 37 % für Maßnahmen, die zur Erreichung der Klimaziele beitragen, vorbehalten muss. Bisher haben die von den Mitgliedstaaten vorgeschlagenen Reformen und Investitionen diese Ziele übertroffen, wobei die Ausgaben für die Digitalisierung auf 26 % und für den Klimaschutz auf etwa 40 % geschätzt werden. Die Aufbau- und Resilienzfazilität bietet die Gelegenheit, auf länderspezifische Empfehlungen hinsichtlich der nationalen Justizsysteme einzugehen und die nationalen Anstrengungen, den digitalen Wandel der Justizsysteme abzuschließen, zu beschleunigen. Zahlungen an die Mitgliedstaaten im Rahmen der leistungsbasierten Aufbau- und Resilienzfazilität hängen von der Erreichung festgelegter Etappenziele und Zielwerte ab. Bisher wurden 7100 Etappenziele und Zielwerte vorgeschlagen, von denen etwa zwei Drittel Investitionen und ein Drittel Reformen betreffen. Im Rahmen der Verordnung über die Aufbau- und Resilienzfazilität musste die Kommission vor deren Annahme beurteilen, ob die Aufbau- und Resilienzpläne der Mitgliedstaaten dazu beitragen konnten, alle oder einen wesentlichen Teil der Herausforderungen, die in den relevanten länderspezifischen Empfehlungen oder in anderen von der Kommission im Rahmen des Europäischen Semesters offiziell angenommenen Dokumenten ermittelt wurden, wirksam zu bewältigen.( 23 ) Im Anschluss an die Vorfinanzierungszahlungen sowie an die Zahlungsanträge der Mitgliedstaaten und die positiven Bewertungen der Kommission hinsichtlich der zufriedenstellenden Erfüllung der jeweiligen Etappenziele und Zielwerte 24 wurden in den letzten Jahren insgesamt 224,32 Mrd. EUR an Zuschüssen und Darlehen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität an die Mitgliedstaaten ausgezahlt. Die Erreichung von 83 % der Etappenziele und Zielwerte muss von der Kommission noch überprüft werden.

Warum sind leistungsfähige Justizsysteme für ein investitionsfreundliches Unternehmensumfeld wichtig?

Leistungsfähige Justizsysteme, die die Rechtsstaatlichkeit wahren, haben eine positive wirtschaftliche Wirkung, was im Rahmen des Europäischen Semesters und der Aufbau- und Resilienzfazilität von besonderer Bedeutung ist. Wenn Justizsysteme die Durchsetzung von Ansprüchen garantieren, ist davon auszugehen, dass die Gläubiger eher Darlehen vergeben, Transaktionskosten verringert werden und Unternehmen eher Investitionen tätigen, ein größeres Vertrauen haben und vor opportunistischem Verhalten zurückschrecken. Ein leistungsfähiges Justizsystem ist für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum unabdingbar. Es kann das Geschäftsklima verbessern, Innovationen fördern, ausländische Direktinvestitionen anziehen, Steuereinnahmen sichern und das Wirtschaftswachstum fördern. Die Vorteile gut funktionierender nationaler Justizsysteme für die Wirtschaft werden in zahlreichen Studien und wissenschaftlichen Veröffentlichungen( 25 ) bestätigt, die unter anderem von dem Internationalen Währungsfonds (IWF)( 26 ), der Europäischen Zentralbank (EZB)( 27 ), dem Europäischen Netz der Räte für das Justizwesen (ENCJ)( 28 ), der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)( 29 ), dem Weltwirtschaftsforum( 30 ) und der Weltbank( 31 ) verfasst wurden.

In einer Studie wurde eine starke Korrelation zwischen einer Verringerung der Dauer von Gerichtsverfahren (gemessen als Dispositionszeit( 32 )) und der Wachstumsrate der Unternehmen( 33 ) festgestellt und dass ein um 1 % höherer Anteil der Unternehmen, die das Justizsystem als unabhängig betrachten, in der Regel mit einer höheren Umsatz- und Produktivitätswachstumsrate korreliert( 34 ).

Darüber hinaus haben mehrere Umfragen gezeigt, wie wichtig die Leistungsfähigkeit der nationalen Justizsysteme für die Unternehmen ist. In einer Umfrage gaben beispielsweise 93 % der Großunternehmen an, dass sie die Bedingungen der Rechtsstaatlichkeit (einschließlich der Unabhängigkeit der Justiz) in den Ländern, in die sie investieren, systematisch und kontinuierlich überprüfen.( 35 ) In einer anderen Umfrage antwortete mehr als die Hälfte der kleinen und mittleren Unternehmen (im Folgenden „KMU“), dass die Kosten und die übermäßig lange Dauer von Gerichtsverfahren die Hauptgründe dafür seien, dass keine Gerichtsverfahren wegen Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums (IPR) eingeleitet würden.( 36 ) Die Mitteilungen der Kommission mit dem Titel „Hindernisse für den Binnenmarkt ermitteln und abbauen“( 37 ) und der Aktionsplan zur besseren Umsetzung und Durchsetzung der Binnenmarktvorschriften( 38 ) vermitteln auch Einblicke in die Bedeutung leistungsfähiger Justizsysteme für das Funktionieren des Binnenmarkts, insbesondere für Unternehmen.

Wie sorgt die Kommission mit technischer Unterstützung für eine bessere Umsetzung guter Justizreformen?

Die Mitgliedstaaten können technische Hilfe in Anspruch nehmen, die ihnen die Kommission über die Generaldirektion Unterstützung von Strukturreformen (GD REFORM) im Rahmen des Instruments für technische Unterstützung (TSI)( 39 ) – für das insgesamt 864,4 Mio. EUR für den Zeitraum 2021–2027 vorgesehen sind – zur Verfügung stellt. Seit 2021 werden im Rahmen des TSI Projekte unterstützt, die in direktem Zusammenhang mit der Leistungsfähigkeit der Justiz stehen, wie etwa die Digitalisierung der Justiz, Reformen der räumlichen Zuständigkeiten der Gerichte oder ein besserer Zugang zur Justiz. Die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen im Rahmen des TSI für 2024 umfasste ein Vorzeigeprojekt für die technische Hilfe zum Thema „Stärkung der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit“, um die Kapazitäten der nationalen Behörden und die damit verbundene Verbesserung ihrer Justizsysteme zu stärken und die Qualität und Effizienz der Justizsysteme zu verbessern. Zudem ergänzt das TSI auch andere Instrumente, d. h. die Aufbau- und Resilienzfazilität, da das TSI die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung ihrer Aufbau- und Resilienzpläne unterstützen kann. Die Aufbau- und Resilienzpläne umfassen Maßnahmen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der Justiz: Digitalisierung der Justiz, Abbau von Rückständen und Verbesserung der Verwaltung von Gerichten und Rechtssachen.

Wie unterstützt das Programm „Justiz“ die Leistungsfähigkeit der Justizsysteme?

Mit einem Gesamtbudget von etwa 305 Mio. EUR für den Zeitraum 2021–2027 unterstützt das Programm „Justiz“ die Weiterentwicklung des europäischen Rechtsraums auf der Grundlage der Rechtsstaatlichkeit sowie die Unabhängigkeit, Qualität und Effizienz des Justizsystems auf der Grundlage gegenseitiger Anerkennung und gegenseitigen Vertrauens sowie der justiziellen Zusammenarbeit. Im Jahr 2023 wurden rund 41,1 Mio. EUR für die Finanzierung von Projekten und anderen Tätigkeiten im Rahmen der drei spezifischen Ziele des Programms bereitgestellt:

·11,1 Mio. EUR wurden bereitgestellt, um die justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen zu fördern, zur wirksamen und kohärenten Anwendung und Durchsetzung der EU-Instrumente beizutragen und die Mitgliedstaaten bei ihrer Anbindung an das Europäische Strafregisterinformationssystem für Drittstaatsangehörige (ECRIS-TCN) zu unterstützen.

·16 Mio. EUR wurden zur Unterstützung der Aus- und Fortbildung von Angehörigen der Rechtsberufe in den Bereichen Zivil-, Straf- und Grundrecht, Rechtssysteme der Mitgliedstaaten und Rechtsstaatlichkeit bereitgestellt.

·14 Mio. EUR wurden bereitgestellt, um den Zugang zur Justiz (einschließlich E-Justiz), die Rechte von Opfern und die Rechte von Personen, die einer Straftat verdächtigt oder beschuldigt werden, zu fördern und die Entwicklung und Nutzung digitaler Werkzeuge sowie die Wartung und Erweiterung des E-Justiz-Portals zu unterstützen (in Ergänzung des Programms „Digitales Europa“).

Warum überwacht die Kommission die Digitalisierung der nationalen Justizsysteme?

Die Digitalisierung der Justiz ist entscheidend für die Steigerung der Leistungsfähigkeit der Justizsysteme und ein sehr effizientes Werkzeug für die Ermöglichung des Zugangs zur Justiz und für die Steigerung der Qualität der Justiz. Die COVID-19-Pandemie hat deutlich gezeigt, dass die Mitgliedstaaten die Modernisierungsreformen in diesem Bereich beschleunigen müssen.

Seit 2013 beinhaltet das EU-Justizbarometer bestimmte Vergleichsinformationen hinsichtlich der Digitalisierung der Justiz in allen Mitgliedstaaten, zum Beispiel im Hinblick auf den Online-Zugang zu Urteilen oder die Online-Klageerhebung und die Weiterverfolgung.

Die Mitteilung der Kommission Digitalisierung der Justiz in der Europäischen Union – Ein Instrumentarium für Gelegenheiten( 40 ), die im Dezember 2020 angenommen wurde, stellt eine Strategie vor, die den Zugang zur Justiz und die Leistungsfähigkeit der Justizsysteme mithilfe von Technologie verbessern soll. Wie in der Mitteilung dargelegt, beinhaltet das EU-Justizbarometer ab 2021 eine Reihe zusätzlicher Indikatoren. Damit soll für eine umfassende und zeitnahe eingehende Überwachung der Fortschrittsbereiche und Herausforderungen gesorgt werden, die für die Mitgliedstaaten bei ihren Bemühungen, ihre Justizsysteme zu digitalisieren, entstehen. Mit der Verordnung (EU) 2023/2844 über die Digitalisierung der grenzüberschreitenden justiziellen Zusammenarbeit in Zivil-, Handels- und Strafsachen( 41 ) erhalten natürliche und juristische Personen die Möglichkeit, bei grenzüberschreitenden Verfahren elektronisch mit den zuständigen Justizbehörden zu kommunizieren und Gerichtsgebühren elektronisch zu begleichen. In diesem Zusammenhang überwacht das Justizbarometer die Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Verordnung.


2.    Hintergrund: Entwicklungen bei Justizreformen im Jahr 2023

Auch 2023 hat eine Vielzahl von Mitgliedstaaten ihre Bemühungen fortgesetzt, die Leistungsfähigkeit ihrer nationalen Justizsysteme weiter zu verbessern. Schaubild 1 gibt einen aktualisierten Überblick über die angenommenen und vorgesehenen Maßnahmen in mehreren Bereichen der Justizsysteme der Mitgliedstaaten, die derzeit Reformen vornehmen.

Schaubild : Gesetzgebungs- und Regulierungsmaßnahmen in Bezug auf die Justizsysteme im Jahr 2023 (angenommene Maßnahmen/in Vorbereitung befindliche Initiativen je Mitgliedstaat) (Quelle: Europäische Kommission ( 42 ))

Im Jahr 2023 stand das Verfahrensrecht in vielen Mitgliedstaaten mit einer erheblichen Zahl laufender oder geplanter gesetzgeberischer Tätigkeiten weiterhin im Mittelpunkt. Wesentliche Tätigkeitsbereiche für Reformen waren die Vorschriften für Angehörige der Rechtsberufe und der Status von Richtern. Die Dynamik der Vorjahre bei den Rechtsvorschriften für den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) setzte sich 2023 fort. Fünf Mitgliedstaaten planen den Einsatz künstlicher Intelligenz in ihren Justizsystemen, haben aber 2023 wie berichtet noch keine entsprechenden Rechtsvorschriften erlassen. Dieser Überblick bestätigt die Beobachtung, dass Justizreformen von der ersten Ankündigung bis zur Verabschiedung von Gesetzgebungs- und Regulierungsmaßnahmen bzw. bis zu deren tatsächlicher Umsetzung vor Ort eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, manchmal sogar mehrere Jahre.


3.    Die wichtigsten Ergebnisse des EU-Justizbarometers 2024

Effizienz, Qualität und Unabhängigkeit sind die wichtigsten Parameter eines leistungsfähigen Justizsystems; das Justizbarometer stellt Indikatoren für alle drei vor.

3.1 Effizienz der Justizsysteme

Im Justizbarometer werden die Indikatoren für die Effizienz der Verfahren in den großen Bereichen der Zivil-, Handels-, Verwaltungssachen und in bestimmten Bereichen vorgestellt, in denen die Verwaltungsbehörden und Gerichte EU-Recht anwenden.( 43 )

Die effizienzbezogenen Indikatoren im Jahr 2022, insbesondere die Zahl der neuen Verfahren, die Verfahrensabschlussquote und die Dispositionszeit, zeigten die ersten Ergebnisse der Bemühungen um eine Erholung von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, die die Mitgliedstaaten in unterschiedlicher Weise (z. B. in Bezug auf Zeitpunkt oder Schwere) getroffen hat.( 44 )

3.1.1 Entwicklung der Fallzahlen

Gegenüber dem Vorjahr gingen die Fallzahlen der nationalen Justizsysteme in drei Mitgliedstaaten deutlich zurück, während sie in 23 Mitgliedstaaten zunahmen oder stabil blieben. Insgesamt fallen sie von Mitgliedsstaat zu Mitgliedstaat immer noch sehr unterschiedlich aus (Schaubild 2).

Schaubild : Zahl der neuen Zivil-, Handels-, Verwaltungs- und sonstigen Rechtssachen, 2012, 2020–2022 (*) (1. Instanz/je 100 Einwohner) (Quelle: CEPEJ-Studie ( 45 ))

(*) Nach der CEPEJ-Methodik gehören zu dieser Kategorie alle streitigen und nichtstreitigen Zivil- und Handelssachen, nichtstreitige Grundbuch- und Unternehmensregistersachen, andere Registersachen, sonstige nichtstreitige Rechtssachen, Verwaltungssachen und sonstige Rechtssachen außer Strafsachen.

Schaubild : Zahl der neuen streitigen Zivil- und Handelssachen, 2012, 2020–2022 (*) (1. Instanz/je 100 Einwohner) (Quelle: CEPEJ-Studie)

(*) Streitige Zivil- und Handelssachen bezeichnen nach der CEPEJ-Methodik Streitigkeiten zwischen Parteien, beispielsweise in Bezug auf Verträge. Nichtstreitige Zivil- und Handelssachen betreffen unstreitige Verfahren, z. B. unbestrittene Zahlungsaufforderungen. Änderung der Methodik in EL und SK. Die Daten für NL umfassen nichtstreitige Rechtssachen.

Schaubild : Zahl der neuen Verwaltungssachen, 2012, 2020–2022 (*) (1. Instanz/je 100 Einwohner) (Quelle: CEPEJ-Studie)

(*) Nach der CEPEJ-Methodik handelt es sich bei Verwaltungssachen um Streitigkeiten zwischen Bürgern und lokalen, regionalen oder nationalen Behörden. In DK und IE werden Verwaltungssachen nicht getrennt erfasst. In RO unterliegen seit 2018 einige Verwaltungsverfahren nicht mehr einer gerichtlichen Entscheidung. Änderung der Methodik in EL, SK und SE. In SE wurden Migrationssachen in Verwaltungssachen rückwirkend für 2017 einbezogen.

 

3.1.2. Allgemeine Angaben zur Effizienz

Die Indikatoren für die Effizienz der Verfahren in den großen Bereichen Zivil-, Handels- und Verwaltungssachen sind i) die geschätzte Verfahrensdauer (Dispositionszeit), ii) die Verfahrensabschlussquote und iii) die Zahl der anhängigen Verfahren.

 Geschätzte Verfahrensdauer

Bei der Dauer des Gerichtsverfahrens wird die geschätzte, bis zum Abschluss eines Gerichtsverfahrens erforderliche Zeit (in Tagen) angegeben, d. h. die Zeit, die das Gericht braucht, um zu einer erstinstanzlichen Entscheidung zu gelangen. Der Indikator „Dispositionszeit“ ist die Zahl der am Jahresende nicht abgeschlossenen Verfahren geteilt durch die Zahl der abgeschlossenen Verfahren multipliziert mit 365 (Tagen).( 46 ) Es handelt sich um eine berechneten Zeitraum, der die geschätzte Mindestdauer angibt, die ein Gericht benötigen würde, um in einem Fall unter Wahrung der derzeitigen Arbeitsbedingungen zu einer Entscheidung zu gelangen. Je höher der Wert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es länger dauert, bis das Gericht zu einer Entscheidung gelangt. Die Zahlen betreffen hauptsächlich erstinstanzliche Verfahren; verglichen werden, soweit verfügbar, Daten für 2012, 2020, 2021 und 2022.( 47 ) Aus Schaubildern 7 und 9 geht die Dispositionszeit im Jahr 2022 für streitige Zivil- und Handelssachen sowie für Verwaltungssachen in allen Gerichtsinstanzen hervor.

Schaubild : Für den Abschluss von Zivil-, Handels-, Verwaltungs- und sonstigen Rechtssachen geschätzte Zeit, 2012, 2020–2022 (*) (1. Instanz/in Tagen) (Quelle: CEPEJ-Studie)

(*) Nach der CEPEJ-Methodik gehören zu dieser Kategorie alle streitigen und nichtstreitigen Zivil- und Handelssachen, nichtstreitige Grundbuch- und Unternehmensregistersachen, andere Registersachen, sonstige nichtstreitige Rechtssachen, Verwaltungssachen und sonstige Rechtssachen außer Strafsachen. Änderung der Methodik in SK. In CZ und (bis 2016) in SK umfassen die anhängigen Rechtssachen alle Instanzen. LV: Der drastische Rückgang ist auf die Reform des Gerichtssystems, Fehlerkontrollen und die Bereinigung der Daten im Informationssystem zurückzuführen. PT: Am 1. September 2013 trat die neue Zivilprozessordnung in Kraft, mit der eine neue Regelung für Vollstreckungsmaßnahmen in Portugal eingeführt wurde. Sie beruht auf einem neuen Verfahrensleitbild, demzufolge sich gerichtliche Verfahren deutlich von außergerichtlichen Verfahren unterscheiden müssen. Die Behörden arbeiten noch an der Umsetzung der betreffenden Änderungen. Bislang war es jedoch noch nicht möglich, die Datenerhebung anzupassen, und somit konnten die notwendigen Daten für dieses Schaubild auch nicht vorgelegt werden.

Schaubild : Für den Abschluss von streitigen Zivil- und Handelssachen in erster Instanz geschätzte Zeit, 2012, 2020 – 2022 (*) (1. Instanz/in Tagen) (Quelle: CEPEJ-Studie)

(*) Bei streitigen Zivil- und Handelssachen geht es nach der CEPEJ-Methodik um Streitigkeiten zwischen Parteien, beispielsweise in Bezug auf Verträge. Nichtstreitige Zivil- und Handelssachen betreffen unbestrittene Verfahren, z. B. unbestrittene Zahlungsaufforderungen. Änderung der Methodik in EL und SK. In CZ und (bis 2016) in SK umfassen die anhängigen Rechtssachen alle Instanzen. IT: Die vorübergehende Verlangsamung der Tätigkeit der Gerichte aufgrund strenger restriktiver Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie hat sich auf die Dispositionszeit ausgewirkt. Die Daten für NL umfassen auch nichtstreitige Rechtssachen.

Schaubild : Für den Abschluss von streitigen Zivil- und Handelssachen geschätzte Zeit in allen Gerichtsinstanzen im Jahr 2022 (*) (1., 2. und 3. Instanz/in Tagen) (Quelle: CEPEJ-Studie)

(*) Für die Anordnung der Länder wurde die Gerichtsinstanz mit den längsten Verfahren im jeweiligen Mitgliedstaat zugrunde gelegt. Folgende Daten sind nicht verfügbar: für BE und BG zu den erst- und zweitinstanzlichen Gerichten, für NL, zu den zweitinstanzlichen Gerichten, für AT zu den zweit- und drittinstanzlichen Gerichten und für DE und HR zu den drittinstanzlichen Gerichten. In DE und MT gibt es keine Gerichte dritter Instanz. In einigen Mitgliedstaaten ist der Zugang zu drittinstanzlichen Gerichten möglicherweise beschränkt.

Schaubild : Für den Abschluss von Verwaltungssachen in erster Instanz geschätzte Zeit, 2012, 2020-2022 (*) (1. Instanz/in Tagen) (Quelle: CEPEJ-Studie)

(*) Bei Verwaltungssachen handelt es sich nach der CEPEJ-Methodik um Streitigkeiten zwischen Einzelpersonen und lokalen, regionalen oder nationalen Behörden. Änderung der Methodik in EL und SK. In CZ und (bis 2016) in SK umfassen die anhängigen Rechtssachen alle Gerichtsinstanzen. In DK und IE werden Verwaltungssachen nicht getrennt erfasst. CY: 2018 hat infolge von gemeinsam verhandelten Fällen, 2724 konsolidierten zurückgezogenen Rechtssachen und der Einrichtung eines Verwaltungsgerichts im Jahr 2015 die Zahl der abgeschlossenen Rechtssachen zugenommen.

Schaubild : Für den Abschluss von Verwaltungssachen geschätzte Zeit in allen Gerichtsinstanzen im Jahr 2022 (*) (1. und ggf. 2 und 3. Instanz/in Tagen) (Quelle: CEPEJ-Studie)

(*) Für die Anordnung der Länder wurde die Gerichtsinstanz mit den längsten Verfahren im jeweiligen Mitgliedstaat zugrunde gelegt. Keine Daten verfügbar zu zweitinstanzlichen Gerichten in BE, CZ, HU, MT, AT, PL, RO, SI, SK und FI, zu drittinstanzlichen Gerichten in CY, LT, LU und MT. In CZ, IT, CY, AT, SI und FI ist der Oberste Gerichtshof bzw. ein anderes höchstinstanzliches Gericht die einzige Rechtsmittelinstanz. In LT, Lu und MT gibt es kein drittinstanzliches Gericht für diese Art von Rechtssachen. In BE ist das höchste Verwaltungsgericht die erste und einzige Instanz für bestimmte Fälle. In einigen Mitgliedstaaten ist der Zugang zu drittinstanzlichen Gerichten möglicherweise beschränkt. In DK und IE werden Verwaltungssachen nicht getrennt erfasst.

 Verfahrensabschlussquote

Unter der Verfahrensabschlussquote ist das Zahlenverhältnis zwischen abgeschlossenen Verfahren und neuen Verfahren zu verstehen. Mit dieser Quote wird gemessen, ob ein Gericht mit der Bearbeitung neuer Verfahren nachkommt. Liegt die Verfahrensabschlussquote bei etwa 100 % oder darüber, so bedeutet dies, dass die Gerichte in der Lage sind, mindestens so viele Verfahren abzuschließen, wie neue Verfahren registriert werden. Liegt die Verfahrensabschlussquote unter 100 %, so bedeutet dies, dass die Gerichte weniger Verfahren abschließen, als neue Verfahren registriert werden.

Schaubild : Abschlussquote bei Zivil-, Handels-, Verwaltungs- und sonstigen Rechtssachen, 2012, 2020–2022 (*) (1. Instanz/in % – Werte über 100 % bedeuten, dass es mehr abgeschlossene als neue Fälle gegeben hat; Werte unter 100 % bedeuten, dass es weniger abgeschlossene als neue Fälle gegeben hat) (Quelle: CEPEJ-Studie)

(*) Nach der CEPEJ-Methodik gehören zu dieser Kategorie alle streitigen und nichtstreitigen Zivil- und Handelssachen, nichtstreitige Grundbuch- und Unternehmensregistersachen, andere Registersachen, sonstige nichtstreitige Rechtssachen, Verwaltungssachen und sonstige Rechtssachen außer Strafsachen. Änderung der Methodik in SK. IE: Aufgrund der Methodik ist davon auszugehen, dass die Zahl der abgeschlossenen Verfahren zu niedrig angegeben ist. IT: Im Jahr 2013 wurde eine andere Einstufung von Zivilsachen eingeführt.

Schaubild : Abschlussquote bei streitigen Zivil- und Handelssachen, 2012, 2020–2022 (*) (1. Instanz/in %) (Quelle: CEPEJ-Studie)

(*) Änderung der Methodik in EL und SK. IE: Aufgrund der Methodik ist davon auszugehen, dass die Zahl der abgeschlossenen Verfahren zu niedrig angegeben ist. IT: Im Jahr 2013 wurde eine andere Einstufung von Zivilsachen eingeführt. Die Daten für NL umfassen nichtstreitige Rechtssachen.

Schaubild : Abschlussquote bei Verwaltungssachen, 2012, 2020–2022 (*) (1. Instanz/in %) (Quelle: CEPEJ-Studie)

(*) Bei einigen Mitgliedstaaten wurden ältere Werte zugunsten einer besseren Lesbarkeit des Schaubilds verringert (IT-Wert für 2012 = 279,8 %). Änderung der Methodik in EL und SK. In DK und IE werden Verwaltungssachen nicht getrennt erfasst. Infolge von gemeinsam verhandelten Fällen, 2724 konsolidierten zurückgezogenen Rechtssachen und der Einrichtung eines Verwaltungsgerichts im Jahr 2015 hat die Zahl der abgeschlossenen Rechtssachen in CY zugenommen.


 Anhängige Verfahren

Unter der Zahl der anhängigen Verfahren ist die Zahl der Verfahren zu verstehen, die am Ende des betreffenden Jahres noch nicht abgeschlossen sind. Sie wirkt sich auch auf die Dispositionszeit aus.

Schaubild : Zahl der anhängigen Zivil-, Handels-, Verwaltungs- und sonstigen Rechtssachen, 2012, 2020–2022 (*) (1. Instanz/je 100 Einwohner) (Quelle: CEPEJ-Studie)

(*) Nach der CEPEJ-Methodik gehören zu dieser Kategorie alle streitigen und nichtstreitigen Zivil- und Handelssachen, nichtstreitige Grundbuch- und Unternehmensregistersachen, andere Registersachen, sonstige nichtstreitige Rechtssachen, Verwaltungssachen und sonstige Rechtssachen außer Strafsachen. Änderung der Methodik in SK. In CZ und (bis 2016) in SK umfassen die anhängigen Rechtssachen alle Instanzen. IT: Im Jahr 2013 wurde eine andere Einstufung von Zivilsachen eingeführt.

Schaubild : Zahl der anhängigen streitigen Zivil- und Handelssachen 2012, 2020–2022 (*) (1. Instanz/je 100 Einwohner) (Quelle: CEPEJ-Studie)

(*) Änderung der Methodik in EL und SK. In CZ und (bis 2016) in SK umfassen die anhängigen Rechtssachen alle Instanzen. IT: Im Jahr 2013 wurde eine andere Einstufung von Zivilsachen eingeführt. Die Daten für NL umfassen auch nichtstreitige Rechtssachen.

Schaubild : Zahl der anhängigen Verwaltungssachen, 2012, 2020–2022 (*) (1. Instanz/je 100 Einwohner) (Quelle: CEPEJ-Studie)

(*) Bei einigen Mitgliedstaaten wurden ältere Werte zugunsten einer besseren Lesbarkeit des Schaubilds verringert (EL-Wert für 2012 = 3,5). Änderung der Methodik in EL und SK. In CZ und (bis 2016) in SK umfassen die anhängigen Rechtssachen alle Gerichtsinstanzen. In DK und IE werden Verwaltungssachen nicht getrennt erfasst.

3.1.3. Effizienz in bestimmten Bereichen des EU-Rechts

In diesem Abschnitt werden die allgemeinen Angaben zur Effizienz der Justizsysteme ergänzt und Angaben zur durchschnittlichen Dauer von Verfahren( 48 ) in Bereichen gemacht, in denen es um EU-Recht geht. Das Justizbarometer 2024 baut auf früheren Daten in den Bereichen Wettbewerb, elektronische Kommunikation, Unionsmarke, Verbraucherrecht und Bekämpfung der Geldwäsche auf. Im vergangenen Jahr wurde ein sechster Bereich hinzugefügt, der Daten über Verfahren zur Korruptionsbekämpfung enthält. Dieser Bereich wurde nun mit einem weiteren Jahr an Daten untermauert.( 49 ) Die sechs Bereiche wurden wegen ihrer Bedeutung für den Binnenmarkt und das Geschäftsumfeld ausgewählt. In dieser Ausgabe wird der Überblick über die Effizienz der Verwaltungsbehörden mit aktualisierten Schaubildern zu den Bereichen Wettbewerb und Verbraucherschutz fortgesetzt. Im Allgemeinen können sich lange Verzögerungen bei Gerichts- und Verwaltungsverfahren negativ auf die Durchsetzung von Rechten aus dem EU-Recht auswirken, z. B. wenn geeignete Rechtsbehelfe nicht mehr verfügbar oder schwere finanzielle Schäden nicht mehr zu ersetzen sind. Insbesondere für Unternehmen können verwaltungstechnische Verzögerungen und Unsicherheit erhebliche Kosten verursachen und geplante oder bestehende Investitionen untergraben.( 50 ).

– Wettbewerb –

Die wirksame Durchsetzung des Wettbewerbsrechts ist für ein attraktives Geschäftsumfeld unerlässlich, da sie gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen gewährleistet. Dies fördert wirtschaftliche Initiative und Effizienz, schafft eine breitere Auswahl für Verbraucher und trägt zu niedrigeren Preisen und höherer Qualität bei. In Schaubild 16 ist die durchschnittliche Dauer von Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung von Entscheidungen nationaler Wettbewerbsbehörden zur Anwendung der Artikel 101 und 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)( 51 ) dargestellt. In Schaubild 17 ist die durchschnittliche Dauer von Verfahren vor den nationalen Wettbewerbsbehörden zur Anwendung der Artikel 101 und 102 AEUV dargestellt.

Schaubild : Wettbewerb: Durchschnittliche Dauer von Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung, 2013, 2020–2022 (*) (1. Instanz/in Tagen) (Quelle: Europäische Kommission und Europäisches Wettbewerbsnetz)

(*) IE und AT: Das Szenario findet keine Anwendung, da die Behörden nicht befugt sind, entsprechende Entscheidungen zu treffen. AT: Die Angaben umfassen auch durch das Kartellgericht entschiedene Verfahren wegen Verletzung der Artikel 101 und 102 AEUV, jedoch keine Fälle, die auf Rechtsbehelfen gegen die nationale Wettbewerbsbehörde beruhen. Die Angaben zur Verfahrensdauer in IT sind Schätzwerte. Das Fehlen einer Säule kann bedeuten, dass der Mitgliedstaat für das betreffende Jahr keine Verfahren gemeldet hat. In vielen Mitgliedstaaten war die Zahl der Verfahren gering (weniger als fünf pro Jahr). Dadurch können die Jahresdaten von der Dauer eines außergewöhnlich langen oder kurzen Verfahrens abhängen (z. B. in MT, wo es nur einen Fall gab).

Schaubild : Wettbewerb: Durchschnittliche Dauer von Verfahren vor den nationalen Wettbewerbsbehörden, 2020–2022 (*) (in Tagen) (Quelle: Europäische Kommission und Europäisches Wettbewerbsnetz)

(*) Die Ergebnisse für alle drei Jahre (2020, 2021 und 2022) wurden aufgrund einer Vereinbarung zwischen allen Mitgliedstaaten über den Zeitpunkt der Einleitung eines Verfahrens aktualisiert. Die Daten im obigen Schaubild können daher nicht mit den Daten verglichen werden, die in früheren EU-Justizbarometern veröffentlicht wurden. CZ: Das Verwaltungsverfahren vor der tschechischen NWB besteht aus zwei Instanzen. Die zweite Instanz ist das Überprüfungsverfahren innerhalb der Behörde. Nach Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung haben die Verfahrensbeteiligten das Recht, Rechtsmittel beim Vorsitzenden der tschechischen NWB einzulegen, der dann die Entscheidung in zweiter Instanz erlässt. Die zweitinstanzliche Entscheidung des Vorsitzenden der tschechischen NWB unterliegt der gerichtlichen Überprüfung. DK: Im Jahr 2021 kam es aufgrund der Umsetzung der ECN+-Richtlinie zu einer Änderung der dänischen Wettbewerbsordnung. In diesem Zusammenhang wurde das Bußgeldsystem geändert, indem von strafrechtlichen auf zivilrechtliche Geldbußen umgestellt wurde. Folglich wurde die Bearbeitung von Gerichtssachen von der Staatsanwaltschaft auf die dänische Wettbewerbs- und Verbraucherbehörde (DCCA) übertragen, die die Fälle nun mit einer Klage auf Verhängung einer Geldbuße vor die Zivilgerichte bringt, nachdem die DCCA eine Entscheidung in der Sache getroffen hat, d. h., dass das Unternehmen gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen hat. Im Rahmen der Einführung zivilrechtlicher Geldbußen ist die DCCA nun befugt, Fälle außergerichtlich mit einer zivilrechtlichen Geldbuße zu regeln, wenn das Unternehmen den Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln einräumt, es Rechtsprechung zur Höhe der Geldbuße für vergleichbare Verstöße gibt und der Verstoß sowie die Beweise für den Verstoß eindeutig sind. Diese neue Befugnis hat zu einer Zunahme der Entscheidungen der DCCA im Jahr 2022 geführt. IT: Im Jahr 2022 wurden neun von der italienischen Wettbewerbsbehörde eingeleitete Verfahren (drei nach Artikel 101 AEUV und sechs nach Artikel 102 AEUV) nicht berücksichtigt, da sie mit Unternehmen eingestellt wurden. Im Jahr 2021 wurden sechs von der italienischen Wettbewerbsbehörde eingeleitete Verfahren (fünf nach Artikel 101 AEUV und eines nach Artikel 102 AEUV) nicht berücksichtigt, da sie mit Unternehmen eingestellt wurden. Das von der italienischen Wettbewerbsbehörde nach Artikel 101 AEUV eingeleitete Verfahren I833 – Gare Consip per acquisizione beni e servizi per informatica e telecomunicazioni – wird nicht berücksichtigt, da letztlich kein Verstoß gegen Artikel 101 AUEV festgestellt wurde. CY: Die Verfahrensdauer ist auf Verzögerungen zurückzuführen, die durch Rücknahmen und erneute Prüfungen von Fällen und Wiederholungen von Verfahren zur Einhaltung des geltenden Verwaltungsrechts und der Gerichtsentscheidungen verursacht wurden. Weitere Faktoren, die zur Verfahrensdauer beigetragen haben, sind die Art und Komplexität der Fälle, die Fristverlängerungen auf Antrag der Parteien und die COVID-19-Pandemie. LV: Für das Jahr 2020 ist zu verzeichnen, dass diese besondere Verfahrensart seit dem 28. Dezember 2018 förmlich eröffnet ist. Erst am 16. Juli 2020 wurde anerkannt, dass der potenzielle Verstoß den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann. AT: Die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts erfolgt im Rahmen eines gemischten Verwaltungs-/Gerichtssystems, bei dem die Bundeswettbewerbsbehörde (Verwaltungsebene) mutmaßliche Verstöße untersucht und gegebenenfalls Anträge zur Entscheidung in der Sache beim Kartellgericht (Gerichtsebene) einreicht. Die Verfahrensdauer nach der neu vereinbarten Methodik bezieht sich daher nun auf die kombinierte Dauer der Verfahren vor der NWB auf Verwaltungsebene und der NWB auf Gerichtsebene. Ermittlungen und Verfahren, die in den Jahren 2021 und 2022 zu Entscheidungen führten, wurden durch die Auswirkungen und Einschränkungen infolge der COVID-19-Pandemie behindert und verzögert. Zu den Daten gehören auch Verfahren im Zusammenhang mit einem großen Kartell im Bausektor. Aufgrund des Umfangs dieses Falles wurden (und werden) Verfahren, die durch dieselbe erste Ermittlungsmaßnahme eingeleitet wurden, nacheinander geführt und abgeschlossen, wodurch die durchschnittliche Verfahrensdauer nach und nach verfälscht wird. PT: Bei Verfahren, die zu mehreren rechtskräftigen Entscheidungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten geführt haben (z. B. zeitlich versetzte Entscheidungen für verschiedene Unternehmen in derselben Sache, entweder alle Entscheidungen zu einem Vergleich oder eine Kombination von Entscheidungen, die das Vergleichsverfahren und das „normale“ Verfahren betreffen), meldet die NWB jede Entscheidung (und die jeweilige Dauer) getrennt. Dieser Ansatz orientiert sich an den Anweisungen des Fragebogens, in dem die Zahl der rechtskräftigen Entscheidungen angegeben werden muss, und berücksichtigt die Effizienzgewinne, die in den Verfahren erzielt wurden, die Vergleichsverfahren umfassen. SK: Im Bereich des Wettbewerbsrechts besteht ein zweistufiges Verwaltungsverfahren. Die Verfahrensdauer wurde ab der ersten Ermittlungsmaßnahme bis zur rechtskräftigen Verwaltungsentscheidung der zweiten Instanz berechnet.

– Elektronische Kommunikation –

Die EU-Rechtsvorschriften zur elektronischen Kommunikation zielen vor allem darauf ab, den Wettbewerb zu beleben, einen Beitrag zur Entwicklung des Binnenmarkts zu leisten und Investitionen, Innovation und Wachstum zu fördern. Von der wirksamen Durchsetzung dieser Rechtsvorschriften können Verbraucher derart profitieren, dass Endabnehmerpreise gesenkt werden und sich die Qualität von Dienstleistungen erhöht. In Schaubild 18 ist die durchschnittliche Dauer von Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung von Entscheidungen nationaler Regulierungsbehörden zur Anwendung des EU-Rechts zur elektronischen Kommunikation dargestellt.( 52 ) Es umfasst eine breite Palette von Fällen, die von umfassenden Überprüfungen mit „Marktanalysen“ bis zu einfachen verbraucherorientierten Fragen reichen.



Schaubild : Elektronische Kommunikation: Durchschnittliche Dauer von Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung, 2013, 2020–2022 (*) (1. Instanz/in Tagen) (Quelle: Europäische Kommission und Kommunikationsausschuss)

(*) Die Zahl der Verfahren unterscheidet sich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat. Das Fehlen einer Säule bedeutet, dass der Mitgliedstaat für das Jahr keine Verfahren gemeldet hat (Für PT für 2020 und für RO, liegen keine Angaben vor). In manchen Fällen war die Zahl der einschlägigen Verfahren gering (BG, CY, MT, NL, SK, FI und SE). Dadurch können die Jahresdaten von der Dauer eines außergewöhnlich langen oder kurzen Verfahrens abhängen, sodass es zu großen Abweichungen von einem Jahr zum anderen kommt. DK: Eine gerichtsähnliche Stelle ist für Rechtsbehelfsverfahren in 1. Instanz zuständig. EE: Im Jahr 2013 betrug die durchschnittliche Dauer von Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung 18 Tage. ES, AT, und PL: Je nach Gegenstand der Rechtssache sind unterschiedliche Gerichte zuständig.

– Unionsmarke –

Die wirksame Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums ist als Anreiz für Investitionen in Innovation unerlässlich. In den EU-Rechtsvorschriften zu Unionsmarken( 53 ) wird den nationalen Gerichten, die als Gerichte der EU fungieren und Entscheidungen mit Auswirkungen auf den Binnenmarkt fällen, eine wichtige Rolle zugewiesen. In Schaubild 19 ist die durchschnittliche Dauer von Verfahren bei Streitigkeiten unter privaten Parteien wegen Verletzung einer Unionsmarke dargestellt.



Schaubild : Unionsmarke: Durchschnittliche Dauer von Verfahren wegen Verletzung einer Unionsmarke, 2013, 2020–2022 (*) (1. Instanz/in Tagen) (Quelle: Europäische Kommission und Europäische Beobachtungsstelle für Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums)

(*) FR, IT, LT, LU: Für einige Jahre wurden die Daten aus einer Stichprobe von Verfahren verwendet. DK: Daten aus allen Markenverfahren – nicht nur in der EU – am dänischen See- und Handelsgericht. Für 2018 und 2019 wurden aufgrund von Änderungen im Datenerhebungssystem keine Daten über die durchschnittliche Lage vorgelegt. EL: Die Angaben basieren auf der gewichteten durchschnittlichen Verfahrensdauer zweier Gerichte. ES: In die Berechnung der durchschnittlichen Dauer sind auch Verfahren betreffend andere EU-IP-Rechtstitel eingeflossen.

– Verbraucherschutz –

Mit einer wirksamen Durchsetzung des Verbraucherrechts wird sichergestellt, dass die Verbraucher ihre Rechte wahrnehmen können und Unternehmen, die gegen Verbraucherschutzgesetze verstoßen, keine unlauteren Vorteile erlangen. Verbraucherschutzbehörden und Gerichte spielen eine entscheidende Rolle bei der Durchsetzung des EU-Verbraucherrechts( 54 ) innerhalb der verschiedenen nationalen Durchsetzungssysteme. In Schaubild 20 ist die durchschnittliche Dauer von Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung von Entscheidungen von Verbraucherschutzbehörden zur Anwendung des EU-Rechts dargestellt.

Für Verbraucher und Unternehmen kann die wirksame Durchsetzung eine ganze Kette von Akteuren erfordern, zu denen nicht nur Gerichte, sondern auch Verwaltungsbehörden zählen. Zur Verdeutlichung dieser Durchsetzungskette wird die Dauer von Verfahren der Verbraucherbehörden dargestellt. In Schaubild 21 ist die durchschnittliche Dauer von Verfahren zum Erlass von Verwaltungsentscheidungen durch nationale Verbraucherschutzbehörden in den Jahren 2014 und 2020–2022 ab dem Zeitpunkt dargestellt, da das Verfahren eingeleitet wurde. Die ergangenen Entscheidungen umfassen die Feststellung eines Verstoßes gegen materiellrechtliche Vorschriften, vorläufigen Rechtsschutz, Unterlassungsverfügungen, die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens und die Einstellung von Verfahren.

Schaubild : Verbraucherschutz: Durchschnittliche Dauer von Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung, 2013, 2020–2022 (*) (1. Instanz/in Tagen) (Quelle: Europäische Kommission und Netzwerk für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz)

(*) DE, LU, AT: Das Szenario findet keine Anwendung, da die Verbraucherbehörden nicht befugt sind, Verstöße gegen einschlägige Verbraucherschutzvorschriften festzustellen. In IE und FI gab es 2020 jeweils nur wenige einschlägige Verfahren (weniger als fünf). Für die durchschnittliche Verfahrensdauer in bestimmten Jahren wurden von EL und RO Schätzwerte angegeben.



Schaubild : Verbraucherschutz: Durchschnittliche Dauer von Verfahren zum Erlass von Verwaltungsentscheidungen durch Verbraucherschutzbehörden, 2014, 2020–2022 (*) (1. Instanz/in Tagen) (Quelle: Europäische Kommission und Netzwerk für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz)

(*) DE, LU, AT: Das Szenario findet keine Anwendung, da die Verbraucherbehörden nicht befugt sind, Verstöße gegen einschlägige Verbraucherschutzvorschriften festzustellen. Für die durchschnittliche Verfahrensdauer in bestimmten Jahren wurden von DK, EL, FR, RO und FI Schätzwerte angegeben.

– Geldwäsche –

Durch energische Maßnahmen zur Verhinderung von Geldwäsche und durch ihre Bekämpfung 55 werden Kriminellen nicht nur die Mittel für ihre illegalen Aktivitäten entzogen und die Netzwerke der organisierten Kriminalität zerstört, sondern die Bekämpfung der Geldwäsche ist darüber hinaus für die solide Beschaffenheit, Integrität und Stabilität des Finanzsektors, das Vertrauen in das Finanzsystem und fairen Wettbewerb im Binnenmarkt entscheidend.( 56 ) Geldwäsche kann ausländische Investoren abschrecken, internationale Kapitalflüsse verzerren und sich negativ auf die makroökonomische Leistung eines Landes auswirken, was zu Wohlstandsverlusten und zum Abzug von Ressourcen aus produktiveren Wirtschaftstätigkeiten führen kann.( 57 ) Nach der Geldwäscherichtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, Statistiken über die Wirksamkeit ihrer Systeme zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu führen.( 58 ) In Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten wurde ein aktualisierter Fragebogen herangezogen, um Daten zu den gerichtlichen Phasen der nationalen Programme zur Bekämpfung von Geldwäsche zu erheben. In Schaubild 22 ist die durchschnittliche Dauer erstinstanzlicher Gerichtsverfahren dargestellt, in denen Geldwäschedelikte behandelt wurden.

Schaubild : Geldwäsche: Durchschnittliche Dauer von Gerichtsverfahren, 2014, 2020–2022(*) (1. Instanz/in Tagen) (Quelle: Europäische Kommission und Expertengruppe für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung)

(*) Keine Daten für 2022: BG, DE, IE und PL. PT: Die Datenbank wurde für jeden Gerichtsbezirk nach den relevanten Kriterien gefiltert, um Informationen über die Dateien zum Thema Geldwäsche zu erhalten; berücksichtigt wurden die durchschnittliche Anzahl der Tage, das Datum des Verstoßes und das Datum der endgültigen Entscheidung oder Einstellung des Verfahrens. CY: Schwerwiegende Rechtssachen, die vor dem Schwurgericht verhandelt werden, dauern im Durchschnitt ein Jahr. Weniger schwerwiegende Straftaten, die vor den Bezirksgerichten verhandelt werden, dauern länger. SK: Die Daten entsprechen der durchschnittlichen Dauer der gesamten Verfahren, einschließlich vor den Berufungsgerichten.

– Korruptionsbekämpfung –

Korruption verhindert nachhaltiges Wirtschaftswachstum, lenkt Ressourcen weg von produktiven Ergebnissen, gefährdet die Effizienz öffentlicher Ausgaben und verschärft soziale Ungleichheiten. Sie behindert einen effektiv und reibungslos funktionierenden Binnenmarkt, schafft Unsicherheiten bei geschäftlichen Transaktionen und bremst Investitionen. Die Bekämpfung der Korruption ist besonders komplex, da im Gegensatz zu den meisten Straftaten beide an einem Korruptionsfall beteiligten Parteien im Allgemeinen ein Interesse daran haben, den Fall geheim zu halten. Dies trägt auch dazu bei, dass es in der Regel schwierig ist, das wahre Ausmaß des Korruptionsphänomens in der EU insgesamt zu quantifizieren. Korruption ist eine besonders schwere Straftat mit grenzüberschreitendem Charakter im Sinne von Artikel 83 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, die nur durch gemeinsame Mindestvorschriften in der gesamten Europäischen Union wirksam bekämpft werden kann. Am 3. Mai 2023 legte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie zur strafrechtlichen Bekämpfung der Korruption vor; damit einher ging auch eine gemeinsame Mitteilung über die Bekämpfung von Korruption.( 59 ) Mit der vorgeschlagenen Richtlinie werden die EU-Vorschriften über die Definition und die Sanktionen von Korruptionsdelikten aktualisiert und harmonisiert, um hohe Standards für das gesamte Spektrum von Korruptionsdelikten (d. h. Bestechung, aber auch Veruntreuung, unerlaubte Einflussnahme, Amtsmissbrauch sowie Behinderung der Justiz und unerlaubte Bereicherung im Zusammenhang mit Korruptionsdelikten) zu gewährleisten und so die Prävention und Strafverfolgung von Korruption zu verbessern. In Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten wurde 2022 ein neuer Fragebogen zur Erhebung von Daten über die Dauer von Gerichtsverfahren vor erstinstanzlichen Gerichten in Bestechungsfällen entwickelt (siehe Schaubild 23).( 60 )

Schaubild : Korruption (Bestechung): Durchschnittliche Dauer von Gerichtsverfahren, 2021 und 2022 (*)( 1. Instanz/in Tagen) (Quelle: Europäische Kommission mit den nationalen Kontaktstellen für die Korruptionsbekämpfung)

(*) DE, IE, ES, IT, CY, MT, PL, SK und SE haben diese Frage nicht beantwortet. NL: Bei dieser Berechnung beginnt die Frist mit dem Tag, an dem die Staatsanwaltschaft (PPS) den Beklagten zum Erscheinen vor Gericht geladen hat. Die Frist endet an dem Tag, an dem der erstinstanzliche Richter das rechtskräftige Urteil verkündet. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit für die vorstehend genannten 35 Fälle beträgt 645 Tage. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass ein Fall zum Zeitpunkt des Beginns der Frist häufig noch nicht verhandlungsreif ist. Daher dauert es einige Zeit, bis der Fall zur Verhandlung vorgelegt wird. Die durchschnittliche Dauer von der ersten Verhandlung bis zur Verkündung des rechtskräftigen Urteils beträgt 194 Tage.



3.1.4. Zusammenfassung zur Effizienz der Justizsysteme

Einem effizienten Justizsystem gelingt es, Fälle abzuarbeiten, Rückstände abzubauen und gerichtliche Entscheidungen zeitnah zu erlassen. Zur Beobachtung der Effizienz von Justizsystemen wurden im EU-Justizbarometer demnach die folgenden wesentlichen Indikatoren herangezogen: die Verfahrensdauer (die Dispositionszeit oder durchschnittliche Zeit in Tagen bis zum Abschluss eines Gerichtsverfahrens), die Verfahrensabschlussquote (Verhältnis zwischen der Zahl der abgeschlossenen Verfahren und der Zahl der neuen Verfahren) und die Zahl der anhängigen Verfahren (die am Ende des Jahres noch nicht abgeschlossen sind).

Allgemeine Angaben zur Effizienz

Das EU-Justizbarometer 2024 enthält Angaben zur Effizienz für einen Zeitraum von über zehn Jahren (2012–2022). Dieser Zeitrahmen ermöglicht es, gewisse Tendenzen zu erkennen, und trägt der Tatsache Rechnung, dass es oft Zeit braucht, bis die Auswirkungen von Justizreformen sichtbar werden.

Die Daten für den Zeitraum 2012–2022 für Zivil-, Handels- und Verwaltungssachen zeigen in den meisten Fällen eine positive Entwicklung. Nach einem Rückgang der Effizienz, der im Jahr 2020 beobachtet wurde und möglicherweise auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen war, wurde 2021 wieder das Effizienzniveau von 2019 erreicht, und 2022 war eine weitere Verbesserung zu verzeichnen. Dies veranschaulicht, dass die Maßnahmen Wirkung zeigen, die von den Mitgliedstaaten ergriffen wurden, um ihre Systeme widerstandsfähiger gegen künftige Störungen zu machen und die unmittelbaren Probleme zu bewältigen, die durch die Jahre der COVID-19-Pandemie entstanden sind.

In den Mitgliedstaaten, die nach den Feststellungen im Rahmen des Europäischen Semesters vor besonderen Herausforderungen stehen, sind gewisse positive Entwicklungen zu verzeichnen ( 61 ).

·Auf der Grundlage der für diese Mitgliedstaaten vorliegenden Daten und trotz der COVID-19-Pandemie hat seit 2012 die Dauer erstinstanzlicher Gerichtsverfahren in elf Mitgliedstaaten in der weit gefassten Kategorie „alle Verfahren“ (Schaubild 5) und bei den „streitigen Zivil- und Handelssachen“ (Schaubild 6) abgenommen oder ist stabil geblieben. In der Kategorie „streitige Zivil- und Handelssachen“ (Schaubild 6) verringerte sich die Dauer erstinstanzlicher Gerichtsverfahren in zehn Mitgliedstaaten weiter oder blieb stabil. Die Schaubilder 5 und 6 zeigen, dass im Vergleich zu den Vorjahren die Verfahrensdauer in acht bzw. 18 Mitgliedstaaten gesunken ist, in einigen Fällen sogar unter das Niveau von 2020. Bei Verwaltungssachen (Schaubild 8) hat sich die Verfahrensdauer in etwa 20 Mitgliedstaaten im Vergleich zu 2012 verkürzt oder ist stabil geblieben. Im Vergleich zum Vorjahr verringerte sich die Dauer der Verwaltungsverfahren im Jahr 2022 in 14 Mitgliedstaaten.

·Diese Ausgabe des Justizbarometers enthält Angaben zur Verfahrensdauer in allen Gerichtsinstanzen für streitige Zivil- und Handelssachen (Schaubild 7) sowie für Verwaltungssachen (Schaubild 9). Aus den Daten geht hervor, dass in fünf Mitgliedstaaten, die Probleme bei der Dauer erstinstanzlicher Gerichtsverfahren haben, die Gerichte höherer Instanzen effizienter arbeiten. Allerdings ist in fünf anderen Mitgliedstaaten, die vor Herausforderungen stehen, die durchschnittliche Verfahrensdauer an Gerichten höherer Instanz sogar noch länger als an erstinstanzlichen Gerichten.

·In der weit gefassten Kategorie „alle Verfahren“ und in der Kategorie der „streitigen Zivil- und Handelssachen“ (Schaubilder 10 und 11) ist die Gesamtzahl der Mitgliedstaaten, in denen die Verfahrensabschlussquote über 100 % liegt, gegenüber dem Vorjahr gleich geblieben. Im Jahr 2022 meldeten 20 Mitgliedstaaten – auch die Mitgliedstaaten, die vor Herausforderungen stehen – eine hohe Verfahrensabschlussquote (von über 97 %). Dies bedeutet, dass die Gerichte in der Regel in der Lage sind, sich mit den neuen Fällen in diesen Kategorien zu befassen. In Bezug auf die Verwaltungssachen (Schaubild 12) bleibt die Verfahrensabschlussquote im Jahr 2022 in neun Mitgliedstaaten im Großen und Ganzen auf dem gleichen Niveau wie im Jahr 2021. Obwohl die Verfahrensabschlussquote bei den Verwaltungssachen im Allgemeinen niedriger ist als bei den anderen Kategorien von Fällen, machen zehn Mitgliedstaaten weiterhin gute Fortschritte. Sieben der Mitgliedstaaten, die vor Herausforderungen stehen, berichten insbesondere über einen Anstieg der Verfahrensabschlussquote in Verwaltungssachen seit 2012.

·Seit 2012 blieb die Situation in vier Mitgliedstaaten, die im Hinblick auf den Abbau ihres Rückstands vor besonders großen Herausforderungen stehen, in allen Verfahrenskategorien stabil bzw. konnten hier Verbesserungen erzielt werden (Schaubild 13). Trotz des Anstiegs der Zahl der anhängigen Verfahren ist in sechs Mitgliedstaaten die Zahl der anhängigen Verfahren in streitigen Zivil- und Handelssachen (Schaubild 14) und in Verwaltungssachen (Schaubild 15) im Jahr 2022 stabil geblieben. Dennoch ist die Diskrepanz zwischen den Mitgliedstaaten mit vergleichsweise wenigen anhängigen Verfahren und denjenigen mit einer Vielzahl anhängiger Verfahren nach wie vor erheblich.

Effizienz in bestimmten Bereichen des EU-Rechts

Daten zur durchschnittlichen Verfahrensdauer in bestimmten Bereichen des EU-Rechts (Schaubilder 16 bis 23) geben einen Einblick in die Funktionsweise der Justizsysteme bei diesen konkreten Arten unternehmensbezogener Streitigkeiten.

Daten zur Effizienz in bestimmten Bereichen des EU-Rechts werden auf der Grundlage eng definierter Szenarien erhoben, sodass die Zahl einschlägiger Fälle gering ausfallen kann. Im Vergleich zur berechneten Verfahrensdauer, die in den allgemeinen Angaben zur Effizienz aufgeführt ist, liefern diese Zahlen jedoch einen Durchschnittswert für die tatsächliche Verfahrensdauer aller einschlägigen Fälle eines Jahres in bestimmten Bereichen. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass Mitgliedstaaten, die den allgemeinen Angaben zur Effizienz zufolge keinerlei Schwierigkeiten in diesem Bereich zu haben scheinen, weitaus höhere Durchschnittswerte für die Verfahrensdauer in bestimmten Bereichen des EU-Rechts vermelden. Gleichzeitig kann die Verfahrensdauer in verschiedenen Bereichen im selben Mitgliedstaat auch sehr unterschiedlich ausfallen.

Ein weiteres Schaubild, das im vergangenen Jahr eingeführt wurde, befasst sich mit der Dauer von Strafverfahren, insbesondere im Zusammenhang mit Bestechung, und gibt Aufschluss über den Grad der Effizienz in diesem Bereich des EU-Rechts.

Schließlich bietet das Justizbarometer 2024 Einblicke in die Effizienz der gesamten Durchsetzungskette, die für ein positives Geschäfts- und Investitionsumfeld wichtig ist. So gibt es beispielsweise für wettbewerbsrechtliche Fälle ein Schaubild, das sich auf die Verfahrensdauer vor der nationalen Wettbewerbsbehörde und die gerichtliche Überprüfung der Entscheidungen dieser Behörde konzentriert.

Die Zahlen zu bestimmten Bereichen des EU-Rechts zeigen die folgenden Trends.

·Bei den Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung von wettbewerbsrechtlichen Verfahren (Schaubild 16) stiegen die Fallzahlen bei den EU-Gerichten zwar insgesamt an, aber die Dauer der betreffenden Verfahren ging in fünf Mitgliedstaaten zurück oder blieb stabil, während sie in fünf anderen Mitgliedstaaten stieg. Trotz der leicht positiven Entwicklung meldeten fünf Mitgliedstaaten im Jahr 2022 eine durchschnittliche Dauer von mehr als 1000 Tagen. Bei den Verfahren vor den nationalen Wettbewerbsbehörden (Schaubild 17) gaben sieben Mitgliedstaaten eine Dauer von weniger als 1000 Tagen an. Drei der Mitgliedstaaten, die Schwierigkeiten mit der Effizienz bei der gerichtlichen Überprüfung von wettbewerbsrechtlichen Verfahren haben, gehören hinsichtlich der Verfahren vor den nationalen Wettbewerbsbehörden zu den effizientesten Ländern.

·Bei der elektronischen Kommunikation (Schaubild 18) verringerten sich die Fallzahlen der Gerichte im Vergleich zu den Vorjahren und setzten somit den positiven Trend hinsichtlich der Verkürzung der Verfahrensdauer fort, der im Jahr 2020 beobachtet wurde. Im Jahr 2022 verzeichneten fünf Mitgliedstaaten im Vergleich zu 2021 eine Verringerung der durchschnittlichen Verfahrensdauer beziehungsweise blieben die Zahlen stabil; bei neun Mitgliedstaaten war ein Anstieg zu verbuchen.

·Bei den Verfahren wegen Verletzung einer Unionsmarke (Schaubild 19) stiegen die Fallzahlen im Jahr 2022 im Vergleich zu 2021 insgesamt leicht. Während die Gerichte in drei Mitgliedstaaten die Fallzahlen besser bewältigen konnten und eine geringere oder stabile Verfahrensdauer verzeichnet wurde, zeigte sich in fünf Mitgliedstaaten ein deutlicher Anstieg der durchschnittlichen Verfahrensdauer.

·Im Bereich des EU-Verbraucherrechts zeigt sich die mögliche kombinierte Wirkung der Durchsetzungskette, bestehend aus Verwaltungsverfahren und Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung (Schaubilder 20 und 21). Im Jahr 2022 meldeten sechs Mitgliedstaaten, dass ihre Verbraucherschutzbehörden in Sachen, die unter das EU-Verbraucherrecht fallen, eine Entscheidung in durchschnittlich weniger als drei Monaten getroffen haben, während die Behörden in vier weiteren Mitgliedstaaten mehr als sechs Monate dafür benötigten. Wurden Entscheidungen von Verbraucherschutzbehörden vor Gericht angefochten, waren die Trends hinsichtlich der Dauer der Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung einer Verwaltungsentscheidung im Jahr 2022 unterschiedlich: Fünf Mitgliedstaaten verzeichneten gegenüber 2021 einen Anstieg, während sich die Dauer in weiteren vier Mitgliedstaaten verringerte. In zwei Mitgliedstaaten beträgt die durchschnittliche Dauer von Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung weiterhin über 1000 Tage.

·Wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche sind entscheidend für den Schutz des Finanzsystems, die Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs und die Verhinderung negativer wirtschaftlicher Auswirkungen. Übermäßig lange Gerichtsverfahren können die Fähigkeit der EU zur Bekämpfung der Geldwäsche beeinträchtigen oder die Wirksamkeit der Bemühungen in diesem Bereich verringern. In Schaubild 22 werden aktualisierte Daten zur Dauer von Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit Geldwäsche dargestellt. Daraus geht hervor, dass erstinstanzliche Gerichtsverfahren in 12 Mitgliedstaaten im Durchschnitt bis zu ein Jahr dauern, in fünf Mitgliedstaaten bis zu zwei Jahre und in vier Mitgliedstaaten bis zu dreieinhalb Jahre.( 62 )

·Korruption ist eine besonders schwere Straftat mit grenzüberschreitendem Charakter. Sie hat negative wirtschaftliche Folgen und kann nur durch gemeinsame Mindestvorschriften in der EU wirksam bekämpft werden. Das Justizbarometer enthält Zahlen zur Dauer von Gerichtsverfahren in Korruptionsfällen. Schaubild 23 zeigt, dass die Verfügbarkeit von Daten von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat variiert und dass die durchschnittliche Dauer der Verfahren vor erstinstanzlichen Strafgerichten unterschiedlich ist. Aus den Daten für 2022 geht hervor, dass die Verfahren in elf Mitgliedstaaten innerhalb eines Jahres abgeschlossen werden, während sie in den übrigen sieben Mitgliedstaaten, für die Daten vorliegen, bis zu zwei Jahre dauern können. Insgesamt spiegelt die Komplexität der Verfolgung und Beurteilung von Korruptionsdelikten die Schwere der Straftat wider. Dies schlägt sich auch in der Verfahrensdauer nieder.

3.2. Qualität der Justizsysteme

Für die Messung der Qualität von Justizsystemen gibt es keine einheitliche Methode. Auch im EU-Justizbarometer 2024 wurden wieder bestimmte Faktoren untersucht, deren Relevanz für die Verbesserung der Qualität der Justiz allgemein anerkannt wird. Sie sind in vier Kategorien unterteilt:

1) Zugang zu Justizsystemen für die Allgemeinheit und Unternehmen,

2) angemessene finanzielle und personelle Ressourcen,

3) Einführung von Bewertungsinstrumenten und

4) Digitalisierung.

3.2.1. Zugang zu Gerichten

Während der gesamten Dauer des Verfahrens muss die Zugänglichkeit gesichert sein, um allen Bürgerinnen und Bürgern, einschließlich Menschen mit Behinderungen, die Einholung einschlägiger Informationen – über das Justizsystem, über die Einleitung eines Verfahrens und die damit verbundenen Kosten sowie über den Stand des Verfahrens bis zu seinem Abschluss – und das Abrufen des Urteils online zu ermöglichen.

Prozesskostenhilfe, Gerichtsgebühren und Anwaltsgebühren

Die Prozesskosten sind ein Schlüsselfaktor für den Zugang zur Justiz. Hohe Prozesskosten, einschließlich Gerichtsgebühren( 63 ) und Anwaltsgebühren( 64 ), können den Zugang zur Justiz behindern. Die Prozesskosten in Zivil- und Handelssachen sind auf EU-Ebene nicht harmonisiert. Sie unterliegen nationalen Rechtsvorschriften und sind von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich.

Zugang zu Prozesskostenhilfe ist ein in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkanntes Grundrecht.( 65 ) Es ermöglicht den Zugang zur Justiz für diejenigen, die ansonsten nicht in der Lage wären, die Prozesskosten zu tragen oder vorzustrecken. Die meisten Mitgliedstaaten gewähren Prozesskostenhilfe ausgehend vom Einkommen des Antragstellers.( 66 )

In Schaubild 24 ist die Verfügbarkeit von vollständiger oder teilweiser Prozesskostenhilfe in einer bestimmten Verbraucherrechtssache mit einem Streitwert von 6000 EUR dargestellt. In diesem Schaubild werden die Einkommensgrenzen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe, ausgedrückt in Prozent in Bezug auf die Eurostat-Armutsschwelle in jedem Mitgliedstaat, verglichen.( 67 ) Liegt die Einkommensgrenze für die Gewährung von Prozesskostenhilfe beispielsweise bei 20 %, so hat ein Antragsteller mit einem Einkommen, das 20 % über der Eurostat-Armutsschwelle in seinem Mitgliedstaat liegt, noch Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Eine Einkommensgrenze für die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter 0 bedeutet jedoch, dass eine Person mit einem Einkommen unterhalb der Armutsschwelle möglicherweise keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe hat.

Neun Mitgliedstaaten verfügen über ein Prozesskostenhilfesystem, bei dem die mit einem Gerichtsverfahren verbundenen Kosten zu 100 % übernommen werden (Prozesskostenhilfe mit vollständiger Kostenübernahme), ergänzt durch ein System der Übernahme eines Teils der Kosten (Prozesskostenhilfe mit teilweiser Kostenübernahme), wobei sich die Kriterien für die teilweise Kostenübernahme von denen der vollständigen Kostenübernahme unterscheiden. Neun Mitgliedstaaten haben entweder nur ein System der vollständigen oder ein System der teilweisen Kostenübernahme. In vier Mitgliedstaaten liegt die Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe im Ermessen des jeweiligen Gerichts.

Schaubild : Einkommensgrenze für Prozesskostenhilfe in einem bestimmten Verbraucherrechtsverfahren, 2023 (*) (Unterschiede in % zwischen der Eurostat-Armutsschwelle und der Einkommensgrenze) (Quelle: Europäische Kommission und Rat der europäischen Anwaltschaften (CCBE)( 68 ))